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Channel: Nachrichten aus der Rhein-Lahn-Zeitung Diez
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JVA-Erpressungsfall: Dicke Luft im Diezer Amtsgericht

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Diez - Im Verfahren gegen drei Insassen der Justizvollzugsanstalt Diez ist ein Ende nicht in Sicht. Die Verteidigung fährt schwere Geschütze auf. Im Gerichtssaal fliegen die Fetzen.

Die Verteidiger der drei Häftlinge, denen vorgeworfen wird, einen anderen Gefangenen erpresst zu haben, haben am Freitag den Kriminalbeamten fast drei Stunden lang in die Mangel genommen, der 2010 das Opfer und die mutmaßlichen Täter vernommen hatte. Die Strategie der Anwälte liegt auf der Hand: Es geht darum, die Glaubwürdigkeit des angeblich Erpressten sowie weiterer Zeugen zu erschüttern. Mit ausgeklügelten Detailfragen bringen die Advokaten selbst den Polizisten ins Schwitzen, der sich verständlicherweise an viele Einzelheiten des nun schon fast drei Jahre zurückliegenden Falles nicht erinnern kann.

Das Aufgebot im Amtsgericht lässt auf ein ganz großes Verfahren schließen. Drei Angeklagte, vier Verteidiger, Staatsanwalt, Nebenkläger, das dreiköpfige Gericht, ein halbes Dutzend JVA-Beamte, Polizisten und der Sicherheitsdienst des Amtsgerichts sind involviert. Die Grundstimmung ist gereizt. Schon zu Beginn echauffiert sich einer der Anwälte darüber, dass die Verteidigungsunterlagen seines Mandanten in der Justizvollzugsanstalt untersucht worden sein sollen. Das sei rechtsstaatlich zu beanstanden. „Da ist eine Grenze überschritten worden, die nicht überschritten werden darf. Wenn das passiert ist in der JVA, dann bitte ich die Staatsanwaltschaft, ein Verfahren einzuleiten", sagte der Verteidiger.

Der intensive, immer wieder insistierende Fragestil auch bei Nebensächlichkeiten stößt Richterin Alexandra Müller-Reinhard übel auf. Immer wieder fährt sie den Anwälten in die Parade. Auch der Staatsanwalt kann bisweilen kaum an sich halten. Der Ton ist rau „Wollen Sie mir nicht immer dazwischenquatschen", fährt der Verteidiger den Anklagevertreter an. „Der Rest ist Prosa", umschreibt der Staatsanwalt den aus seiner Sicht umständlichen, blumigen und nicht zum Punkt kommenden Vortragsstil seines Gegenübers. Der Richterin wird es irgendwann zu bunt. „So mache ich nicht weiter", erklärt sie und unterbricht die Sitzung. Aber auch danach geht es munter weiter.

Als der Staatsanwalt aus der Vernehmung des Erpressungsopfers vorliest und damit den ausgegrenzten Fragenkomplex tangiert, platzt dem Verteidiger der Kragen. „Die Wirklichkeit wird verfälscht, an der ich hier teilnehme", wettert er. Die Betroffenen scheint das alles nicht sonderlich mitzunehmen; sie wirken eher amüsiert. Der Erkenntnisgewinn dieses Prozesstages bleibt gering. Es ist schwer, so viele Anwälte unter einen Hut zu bekommen, mühselig werden drei weitere Termine vereinbart. Ein Besuch lohnt sich, am Amtsgericht in Diez wird derzeit ganz großes Kino geboten.

Hans Georg Egenolf

Die nächsten Termine sind am Donnerstag, 6. Juni, 13 Uhr, Freitag, 14. Juni, 9.30 Uhr, und Montag, 24. Juni, 13 Uhr.


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